Zum Gespräch: Wie weiter mit den Religionen?
Religionen im Gespräch 9, 2013
Gäste:
Prof. Dr. Gerhard Wegner, Evangelische Kirche in Deutschland
Dr. Sadiqu Al-Mousllie, Zentralrat der Muslime
Nils Friedrichs, Universität Münster
Moderation: Prof. Dr. Wolfgang Reinbold, Evangelisch-luth. Landeskirche Hannovers
Herzlich Willkommen zum 9. Gespräch unserer Reihe „Religionen im Gespräch“, heute Abend mit dem Thema: „Wie weiter mit den Religionen?“
Wenn man sich umschaut, wie es weltweit um die Religionen steht, dann stößt man auf ein merkwürdiges Phänomen: Überall auf der Welt scheinen die Religionen zu boomen. In Europa aber und insbesondere in Deutschland nehmen sie ab. Vor einigen Monaten ist der Religionsmonitor 2013 der Bertelsmann-Stiftung erschienen, und eines seiner Ergebnisse ist: In Deutschland werden im Westen nur noch 25 % der Kinder religiös erzogen. Im Osten ist es gar nur jeder Achte.
Ein weiteres Ergebnis des Religionsmonitors, das aufhorchen lässt: Mehr als jeder zweite Deutsche sieht im Islam eine Bedrohung. Dazu passt eine Studie der Universität Münster aus dem Jahr 2010, an der einer unserer heutigen Gäste beteiligt war. Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass in Westdeutschland 58 Prozent der Befragten eine negative Haltung zu Muslimen haben und im Osten sogar 62 Prozent. In den Vergleichsländern, die man seinerzeit untersucht hat – Frankreich, Holland, Dänemark, Portugal – sind die Werte erheblich niedriger, da ist es etwa jeder Dritte, in Deutschland zwei von drei Befragten.
Das sind irritierende Ergebnisse, und es stellt sich die Frage: Hängt das irgendwie zusammen? Was ist da eigentlich los? Ist Deutschland dabei, ein Land ohne Christen zu werden? Warum ist die Stimmung gegenüber Muslimen hierzulande schlechter als in den Nachbarländern? Gibt es da einen Zusammenhang, braucht es womöglich starke Religionsgemeinschaften, starke Kirchen für ein tolerantes Miteinander?
Das sind einige der Fragen, die wir heute diskutieren wollen, und ich freue mich, dass wir drei Gäste da haben, die sich intensiv mit diesen Themen befassen. Ich begrüße zu meiner Linken Gerhard Wegner. Du bist evangelischer Theologe, wie ich auch, daher kennen wir uns. Du hast in Marburg und Nairobi studiert und bist Direktor des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Evangelischen Kirche in Deutschland. Du warst, daher kennen einige Dich hier im Haus der Religionen, der Leiter des Büros der evangelischen Kirche für die Weltausstellung EXPO 2000, danach Direktor des kirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt in der hannoverschen Landeskirche. Nebenher bist du Professor für Praktische Theologie in Marburg, eines deiner Schwergebiete dort ist die Religionssoziologie. Zurzeit sitzt das Sozialwissenschaftliche Institut an einer großen Studie zur Frage „Wie geht es der Kirchengemeinde?“ Herzlich Willkommen Gerhard Wegner!
Ich begrüße herzlich Sadiqu Al-Mousllie. Sie sind in Syrien geboren, in Kuwait aufgewachsen, mit einer Dänin verheiratet und in dieser Kombination ein ganzer Deutscher, wie Ihr Sohn es zu formulieren pflegt, wie Sie es uns eben im Vorgespräch erzählt haben. Sie sind Mediziner, Zahnarzt in Braunschweig und dort Vorsitzender der Islamischen Gemeinschaft, die ihrerseits Mitglied im Zentralrat der Muslime in Deutschland ist. Als Vertreter des Zentralrats sind Sie heute hier, in Vertretung von Herrn Mazyek, der kurzfristig abgesagt hat. Herzlich Willkommen Herr Al-Mousllie.
Last but not least begrüße ich herzlich Nils Friedrichs vom Institut für Religionssoziologie an der Universität Münster. Sie sind hier ganz in der Nähe in Peine geboren, haben in Braunschweig studiert, Soziologie, Psychologie und Volkswirtschaft. Dann sind Sie nach Münster gegangen zum religionssoziologischen Institut und haben an der von mir eben erwähnten Studie zur religiösen Vielfalt in Europa mitgearbeitet. Zurzeit sitzen Sie an einer Doktorarbeit zum Thema „Persönlichkeit, Religiosität und Toleranz“. Herzlich Willkommen, Herr Friedrichs.