Zum Gespräch: Wie weiter mit den Religionen?
(Aus: www.islam.de, Aiman Mazyek)
Muslime leiden verstärkt unter der verzerrten und falschen Darstellung ihres Glaubens in der Öffentlichkeit und unter der Wahrnehmung, alles Islamische sei im Kontext der Gewalt zu erklären.
Vorangegangene Erkenntnisse über die Einstellungen der Muslime werden dabei immer wieder übersehen – genannt seien exemplarisch die weltweiten Gallup-Umfragen oder das Religionsmonitoring der Bertelsmann-Stiftung. Diese Umfragen unter Muslimen zeigen, dass Muslime, die ihre eigene Religion gut kennen und sie selbstverständlich praktizieren, toleranter und offener zu Nichtmuslimen sind.
Deswegen sage ich ganz deutlich: Das beste Programm, sich vor muslimischen Fanatikern zu schützen, wäre, die Muslime hierzulande anzuerkennen mit ihren Pflichten und Rechten und sie strukturell gleichberechtigt mit den Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu lassen. […]
Anstatt die muslimischen Religionsgemeinschaften, die im Koordinationsrat der Muslime in Deutschland zusammengeschlossen sind (Islamrat, VIKZ, DITIB und Zentralrat der Muslime) oder die Landesverbände […] zu marginalisieren, gilt es, ihr Angebot zu nutzen und deren bereits vorhandenen Präventionsarbeit nachhaltig zu unterstützen.
Denn wir haben in Deutschland kein Islamproblem, sondern ein Extremismusproblem und Rassismusproblem. Von den Moscheen der eben genannten Religionsgemeinschaften, die die überwältigende Mehrheit der Gemeinden in Deutschland umfassen, geht und ging keine Gefahr oder Gewalt aus!
Ohnehin handelt es sich bei den radikalisierten Muslimen – ohne es bagatellisieren zu wollen – um eine verschwindende Minderheit, insbesondere auch was die Anzahl ihrer Gemeinden angeht. Fernab von Scheinwerferlicht leisten seit Jahrzehnten der Großteil der über 2000 Moscheen, die im Koordinationsrat der Muslime vertreten sind, religiöse Dienstleistungen und seelsorgerische Arbeiten, von denen der Großteil der Muslime in Deutschland profitieren und von denen stets zu Mäßigung aufgerufen wird und Integrationsleistungen ausgehen.
Hier sind Zivilgesellschaft und Staat gefordert, Bildungsprogramme und anderes mehr auf dem Weg zu bringen, um diese Arbeit nachhaltig zu unterstützen. Ohnehin gilt es beim Thema „Islam“ in Zukunft den viel zu starken Focus auf Sicherheitspolitik zu reduzieren und stattdessen die Integration und Partizipation des Islams und der Muslime in Staat und Gesellschaft viel mehr in den Mittelpunkt politischer Entscheidungsprozesse zu setzen.
Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Rede im Gästehaus der Niedersächsischen Landesregierung (Hannover) am 24. Juli 2012 zum Thema „Demokratie wehrt sich…“ (in ganzer Länge hier).