Zum Gespräch: LSBTTI. Übertreiben wir’s mit der sexuellen Vielfalt?
Aus: Ich mach’s gleich! Queeres Wahlprogramm von Bündnis 90/Die Grünen zur Bundestagswahl 2013
Wir wollen Normalität für schwule und lesbische Eltern – so unspektakulär sie im Alltag ist. […] Wir sind überzeugt, dass Familien – ob mit Regenbogen oder ohne – gelebte Verantwortung füreinander und für Kinder sind. Welches Geschlecht die Eltern haben, ist für uns nachrangig. Nur die Bundesregierung, die sonst immer von Werten, Bindung, Familie und Verantwortung spricht, spielt weiter Vater, Mutter, Kind wie in den 1950er Jahren. Unser Land und unser Alltag sind längst weiter. […]
Familie ist da, wo Menschen füreinander einstehen und Verantwortung füreinander übernehmen wollen. Und Familie ist selbstverständlich da, wo Kinder sind. Kinder brauchen Eltern und weitere Menschen in ihrem Lebensumfeld, die sie lieben. Es muss egal sein, ob die Eltern lesbisch, hetero oder schwul sind. Die ideologische Verweigerung des Adoptionsrechts für gleichgeschlechtliche Paare ist diskriminierend und muss überwunden werden. Es ist unwürdig, dass die notwendige Modernisierung vom Bundesverfassungsgericht und nicht vom Parlament vorangetrieben wird. […]
Im Laufe der letzten Jahre erhöhte das Rechtsinstitut der Eingetragenen Lebenspartnerschaft die gesellschaftliche Akzeptanz lesbischer und schwuler Paare. […] Doch im Vergleich zur „richtigen“ Ehe übersteigt in der Eingetragenen Lebenspartnerschaft der Anteil der Pflichten, den die Partner_innen füreinander übernehmen müssen, den Anteil der Rechte bei weitem. Dies betrifft insbesondere das Steuerrecht, das Adoptionsrecht und die fehlende Anerkennung von Regenbogenfamilien, z.B. bei Kindergeld und Kinderfreibeträgen. Die Eingetragene Lebenspartnerschaft bleibt somit eine „Ehe zweiter Klasse“. Wir wollen dieses Sonderinstitut abschaffen – schwule und lesbische Liebe ist nicht „anders“ und braucht auch keine andere Bezeichnung. Wir Grüne stehen für die „eine Ehe für Alle!“
Der Ausschluss von Lesben und Schwulen von der Eheschließung stellt eine konkrete, aber auch eine symbolische Diskriminierung dar. Wir sind der Auffassung, dass der Staat die Liebe zwischen zwei Menschen nicht aufgrund der sexuellen Identität kategorisieren darf. Lesben und Schwule auf Dauer nur auf das familienrechtliche Institut der Eingetragenen Lebenspartnerschaft zu verweisen, vermittelt das Bild, dass es sich um Lebensgemeinschaften minderen Rechts handele. Das wollen wir durch die Öffnung der Ehe ändern. […]
Homo- und Transphobie haben verschiedene Ursachen. Dort, wo patriarchale Familienstrukturen und veraltete Männlichkeitsvorstellungen fortbestehen, entstehen auch homo- und transphobe Vorurteile. Dies kann in manchen Migrant_innen-Communities ebenso der Fall sein, wie in streng religiösen Familien oder in rechtsextremen Milieus. Vorurteile sind vor allem ein Problem der Mitte der Gesellschaft, in der sie auf den fruchtbaren Boden fallen, der sie anschlussfähig macht. Denn es sind deutsche Christdemokraten, die Lesben und Schwulen bis heute gleiche Rechte verweigern. […]
Zur Bekämpfung von Gewalt und Vorurteilen gehört auch eine gute Sozialpolitik, die Chancen eröffnet, gesellschaftlichen Aufstieg ermöglicht und niemanden diskriminiert. Diesen Kampf wollen wir Grüne gemeinsam mit LSBTTI-Aktivist_innen, Migrant_innenverbänden oder feministischen Gruppen führen. Gemeinsam sind wir stark! […]