Gemeinsame Erklärung der Fraktionen im Niedersächsischen Landtag vom 24. September 2014
Wir beobachten mit Bestürzung und wachsender Sorge, wie sich auch in Niedersachsen in den vergangenen Wochen und Monaten im Rahmen der Auseinandersetzung mit den Konflikten im Nahen Osten Antisemitismus und Judenhass im öffentlichen Raum vernehmbar Bahn gebrochen haben. Bei mehreren Zwischenfällen in Niedersachsen wurden israelische Fahnen mit dem Zeichen des Judentums, dem Davidsstern, verbrannt. Synagogen wurden beschmiert und angegriffen. Im Internet wurde und wird gegen jüdische Mitmenschen auch in unserem Bundesland gehetzt.
Diese Vorfälle nehmen wir nicht hin und verurteilen sie auf das Schärfste. Wir stellen uns gemeinsam gegen Antisemitismus und Judenhass. Alle Fraktionen des Niedersächsischen Landtags setzen sich für ein friedliches Miteinander aller Menschen in Niedersachsen ein!
Vor diesem Hintergrund begrüßen wir den Dialog von palästinensischen und jüdischen Gemeinden in Niedersachsen. In vielfältigen Veranstaltungen und Aktivitäten haben sie zum Ziel, über alle inhaltlichen Differenzen hinweg Verbundenheit beider Kulturen in Deutschland zu schaffen. Ihr gemeinsamer Einsatz für Meinungsfreiheit und konstruktive Kritik sowie das Engagement gegen antidemokratische und antisemitische Tendenzen ist Ausdruck des offenen Dialoges und ein wichtiger Beitrag der Auseinandersetzung in Niedersachsen. Wir danken beiden für die Initiative zu dieser Erklärung des Landtages.
Die Geschichte jüdischen Lebens in unserem Bundesland reicht bis ins 13. Jahrhundert zurück. Jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger haben die Kultur und Geschichte Niedersachsens entscheidend mit geprägt. Sie sind aber auch in kaum vorstellbarer Weise Opfer von Entrechtung, Enteignung, Verfolgung und Mord geworden, bis hin zur unfassbaren Vertreibung und millionenfachen Ermordung europäischer Jüdinnen und Juden. Die Bildung lebendiger jüdischer Gemeinden ist nicht selbstverständlich nach den Schreckenstaten der Nationalsozialisten. Wir begrüßen die Vielzahl an jüdischen Gemeinden in Niedersachsen. Insbesondere vor diesem Hintergrund nehmen wir diese gemeinsame Verantwortung an. Antisemitismus ist ein Problem, das alle angeht.
Konflikte, wie gegenwärtig im Nahen Osten, dienen allen, die ihren Antisemitismus ausleben wollen, als Vorwand für ihre menschenverachtenden Taten und Äußerungen. Dem müssen die Niedersachsen mit aller Entschiedenheit entgegentreten. Es geht darum, die Werte unseres Grundgesetzes zu verteidigen! Die Demonstrationsfreiheit, die ein hohes Gut unserer Demokratie ist, darf hierbei nicht als Plattform antisemitischer Äußerungen und Handlungen missbraucht werden.
Diskriminierung und Ausgrenzung beginnen oft im Kleinen und Verborgenen. Mit Wachsamkeit und zivilgesellschaftlichem Engagement, durch Hinsehen und Einschreiten statt Wegsehen können alle Menschen in Niedersachsen ihren Beitrag dazu leisten, dass Diskriminierung bei uns keinen Platz findet – egal, ob sie sich gegen Religionen, Weltanschauungen, Herkunft, Sexualität, Geschlecht oder Behinderungen richtet.
Angehörige aller Religionen und Weltanschauungen finden in Niedersachsen eine Heimat. Toleranz und der Respekt vor der Religion, Weltanschauung und Kultur des Anderen sind eine unverzichtbare Grundlage für ein friedliches Zusammenleben in unserer Gesellschaft. Wir setzen uns gemeinsam dafür ein, dass diese Werte auch zukünftig Bestand haben.