Koranschule

Zum Gespräch: Imame in Deutschland: Wer sind sie und wofür stehen sie?


Eine weitere Aufgabe des Imams besteht darin, an den Wochenenden Islamkurse anzubieten. Zielgruppe sind insbesondere Kinder und Jugendliche. Die Kurse dienen in erster Linie dazu, das Rezitieren des Korans in arabischer Sprache zu erlernen. Besonderer Wert wird auf Aussprache, Intonation und die rechte Melodie der Rezitation gelegt, die Schönheit des heiligen Textes wird betont.

Die Schönheit der Koranrezitation war in der islamischen Geschichte schon immer von zentraler Bedeutung. Die Imame führen in ihren Kursen diese Tradition fort. Besonders begabte Koranschüler haben die Gelegenheit, ihr Können bei hervorgehobenen Anlässen in der Moschee vorzuführen – etwa beim Freitagsgebet oder anlässlich eines Festes. Die Rezitierkunst der Koranschüler zeugt dabei zugleich auch von der Kompetenz des Imams.

Die Aufgabe der „Koranschule“ wird in der deutschen Gesellschaft oft missverstanden. Die Kinder und Jugendlichen lernen in den Kursen nicht die arabische Sprache oder den Inhalt des heiligen Buches, sondern sie lernen die Rezitation des Korans in arabischer Sprache. Um eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Text geht es nicht.

Das hat vor allem zwei Gründe: Zum einen wird die Rezitation des Gotteswortes als lohnbringend betrachtet. Zum anderen wird von einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem Koran auch deshalb abgesehen, weil der Koran nach herrschender Meinung für Laien schwer zu verstehen ist.

Wer meint, den Koran ohne ein theologisches Studium und ohne sehr gute Arabischkenntnisse deuten zu können, missversteht ihn leicht – das zeigt z.B. die Praxis extremistischer Imame, die einzelne Verse gern aus dem Zusammenhang reißen. Nach muslimischem Verständnis ist der Koran in einem Zeitraum von dreiundzwanzig Jahren geoffenbart worden. Wer den Text auslegen will, muss daher in der Lage sein, die einzelnen Verse zeitlich korrekt zuzuordnen. Es gibt Verse, die auf eine bestimmte historische Gegebenheit hin geoffenbart wurden – etwa zu Kriegszeiten, im Ausnahmezustand. Sie zu isolieren wäre genauso fatal, als würde man das bekannte Jesus-Wort „Denkt nicht, ich sei gekommen, um Frieden auf die Erde zu bringen. Ich bin nicht gekommen um Frieden zu stiften, sondern das Schwert“ (Mt 10,34) herauspicken und Jesus als gewaltbereiten Kriegstreiber darstellen.

Darüber hinaus sind viele Koranverse mehrdeutig. Der Koran selbst weist darauf hin: „Er (Gott) ist es, der auf dich (Muhammad) das Buch herabgesandt hat. Einige seiner Verse sind klar zu deuten (muhkamat) – sie sind der Kern des Buches, andere sind mehrfach deutbar (mutaschabihat). Doch die, in deren Herzen Verirrung ist, die folgen dem, was darin mehrfach deutbar ist […]. Doch nur Gott kennt dessen Deutung“ (Sure 3,7).

Einen weiteren Schwerpunkt der Tätigkeit eines Imams bildet die Anleitung zum Auswendiglernen von Koransuren. Diese Lernmethode ist fest in der islamischen Tradition verwurzelt. Zu Lebzeiten des Propheten Muhammad existierte auf der Arabischen Halbinsel eine Kultur, in der umfangreiche Texte wie lange Gedichte auswendig gelernt wurden. Viele Gefährten des Propheten beherrschten die Offenbarungen auswendig. Begünstigt wurde und wird das Auswendiglernen dadurch, dass in den täglichen rituellen Gebeten die Korantexte auswendig rezitiert werden. In den arabischen Moscheen ist es noch heute üblich, im Monat Ramadan den gesamten Korantext zusammenhängend vorzutragen. In vielen islamischen Ländern existieren Schulen, die allein den Zweck verfolgen, dass Schülerinnen und Schüler den gesamten Koran auswendig lernen. Sie erhalten den Titel Hafiz (Behüter des Korans). Allein in der Türkei werden jährlich hunderte Hafiz ausgebildet.

 

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