Das Menschenbild der Bahai

Zum Gespräch: Eine neue Religion für eine neue Welt - Wer sind und was wollen die Bahai?


(Aus der Selbstdarstellung der Bahai)

Der Schlüssel zu wirklichem Leben liegt in unserer geistigen Natur und in der Unsterblichkeit der Seele. In diesem Leben erwerben wir geistige Eigenschaften wie Liebe, Wahrhaftigkeit, Demut, Einigkeit, Gerechtigkeit und Gotteserkenntnis, die Licht und Führung für unseren Fortschritt sind. Das Weiterleben der Seele nach dem Tod bedeutet ein stufenweises Fortschreiten durch verschiedene geistige Welten näher zu Gott hin, wovon niemand ausgeschlossen ist.

Das ständige Bemühen, Vorurteile abzulegen und bei anderen Menschen auf das Gute und Positive, nicht aber auf die Fehler zu achten, gehört zum praktischen Weg unserer Vergeistigung. Gott hat den Menschen erschaffen als Ausdruck der Liebe zu Seiner Schöpfung. Ihn zu erkennen und zu lieben ist das höchste Ziel. Wirkliches Menschsein bedeutet, die Liebe zu Gott und den Dienst an der Menschheit immer mehr zum Mittelpunkt unseres Lebens werden zu lassen.

Bahá'u'lláh lehrt: „Der ist wirklich ein Mensch, der sich heute dem Dienst am ganzen Menschengeschlecht hingibt. Das Höchste Wesen spricht: Selig und glücklich ist, wer sich erhebt, dem Wohle aller Völker und Geschlechter der Erde zu dienen. An anderer Stelle hat Er verkündet: Es rühme sich nicht, wer sein Vaterland liebt, sondern wer die ganze Welt liebt. Die Erde ist nur ein Land, und alle Menschen sind seine Bürger.“

Die Unsterblichkeit der Seele
Bahá'u'lláh beschreibt die Seele als innere Wirklichkeit des Menschen, die sein wahres Leben ausmacht. Sie ist nicht wie die materiellen Dinge aus kleineren Bestandteilen zusammengesetzt, daher unteilbar und unauflöslich. Die Seele gehört den geistigen Welten Gottes an und ist somit unsterblich.

Nach dem körperlichen Tod lebt die menschliche Seele weiter – in einer Welt, die weder räumlich noch zeitlich begrenzt ist. Der Mensch vermag sich diese jenseitige Welt nicht vorzustellen, in der die Seele von allen körperlichen Begrenzungen befreit ist. Denn das „Jenseits ist so verschieden vom Diesseits wie diese Welt von der des Kindes, das noch im Mutterleib ist.“

Die Seele des Menschen ist unsterblich, und niemand ist davon ausgenommen. Himmel und Hölle sind nur Bilder, die die Nähe zu Gott oder Gottferne ausdrücken. Auch die nächste Welt ist wie eine Reise, die die Seele mit Hilfe der in dieser Welt erworbenen geistig-spirituellen Eigenschaften antritt. Seelen, die einander in dieser Welt lieben, werden auch in der nächsten Welt diese Liebe miteinander teilen.

Gut und Böse
Der Mensch ist nicht nur auf dem Weg des Guten. Hass, Zerstörung oder Kriege als Ausdruck des Bösen haben schon immer zum Menschsein gehört. Das Böse hat aber keine eigene Existenz, es ist vielmehr als Abwesenheit des Guten zu verstehen. Die Vorstellung von Teufel und Hölle ist den Bahá'í fremd.

Bahá'u'lláh lehrt: „Edel erschuf ich dich, doch du hast dich selbst erniedrigt. So erhebe dich zu dem, wozu du erschaffen wurdest.“

Demnach bedarf es des Lichts der Erziehung, damit der Mensch vom Bösen abgehalten wird. Das Wort Gottes ist dabei die wichtigste Quelle der Orientierung, die uns hilft, das Gute vom Bösen zu unterscheiden.

Erziehung
Bildung und Erziehung sind zentrale Themen der Lehren Bahá’u’lláhs. Sie sind Grundlage der Kulturentwicklung und damit gleichbedeutend mit menschlicher Entwicklung schlechthin. Ohne Erziehung gibt es keine Kultur, die sich fortwährend erneuert. Dies aber ist Zweck der Erschaffung des Menschen.

Urquell aller Erziehung ist Gott, der Schöpfer. Er „beauftragte alle Atome des Daseins und das innerste Wesen aller erschaffenen Dinge“ (Bahá'u'lláh) mit der Erziehung des Menschen. Die Kultivierung der geistigen Natur des Menschen mithilfe von Religion beschreibt die erste Form der Erziehung, die Selbsterziehung.

Tägliches Gebet, Lesen und Meditieren in den heiligen Schriften, vor allem aber die Umsetzung der ethischen Maßgaben ins alltägliche Handeln sind wichtige Beiträge des Einzelnen hierzu. Insbesondere die Erziehung der Kinder verlangt den Eltern ab, selbst geistig zu wachsen und sich weiterzuentwickeln.

Kindern wird in den Lehren Bahá’u’lláhs eine hohe Wertschätzung entgegengebracht. Wir Menschen kommen mit wertvollen Anlagen und Eigenschaften ausgestattet auf die Welt. Bahá’u’lláh vergleicht den Menschen mit einem „Bergwerk reich an Edelsteinen von unschätzbarem Wert“, und spricht weiter: „Nur die Erziehung kann bewirken, dass es seine Schätze enthüllt und die Menschheit daraus Nutzen zu ziehen vermag.“

Das Ziel der Bahá’í-Kindererziehung ist, die Talente und Anlagen des Kindes zu entfalten und seine geistige und moralische Entwicklung zu fördern. Kinder sollen umfassendes Wissen erwerben, eine gute, fundierte Ausbildung erhalten und in Künsten und Handwerk unterwiesen werden. Mädchen und Jungen werden dabei gleichberechtigt behandelt. Sie erhalten bei ausreichenden Mitteln die gleichen Bildungschancen, andernfalls ist die Erziehung von Mädchen vorrangig.